Dienstag, 1. Juli 2014

Rezension: Die Heiraten der Hohenzollern: Verwandtschaft, Politik und Ritual in Europa 1640-1918 von Daniel Schönpflug


Der Autor Daniel Schönpflug stellt in seinem Werk "Die Heiraten der Hohenzollern" die Eheschließungen der brandenburgisch-preußischen Fürstenfamilien vor. 

Im ersten Kapitel geht es um die dauerhafte Herrschaft, Heiraten und die Entstehung Preußens. Hier sind vor allem die Hausgesetze wichtig. Das Verhältnis Dynastie zu Staat wird beleuchtet, genau wie der Fortbestand des Staates unter den Hohenzollern. Der letzte Teil des Kapitels beinhaltet die Erweiterung des Herrschaftsgebietes durch Heiraten, wobei die Hohenzollern wenig Glück hatten. 

Der nächste Abschnitt handelt von der Partnerwahl. Dabei kam es vor allem auf die Ebenbürtigkeit - die Zugehörigkeit zum selben Adelstand - des potenziellen Partners an. Erst später spielte Liebe und Zuneigung eine Rolle, vorher wurden Ehen von der Familie verabredet. Die dynastische Ehe wurde mit der Zeit von der Liebesheirat abgelöst. Neben der Standesgleichheit waren auch die gleichrangigen Heiratsgüter entscheidend. Bei den Hohenzollern war auch die Religion ein Thema, die Familie schloss lieber Ehen innerhalb des evangelisch-reformierten Kreises.

Das dritte Kapitel stellt den Heiratskreis der Hohenzollern vor. Die meisten Heiraten gab es mit dem benachbarten Haus Hessen. Danach folgen die Oranier aus den Niederlanden, die Welfen aus Großbritannien sowie aus Braunschweig-Lüneburg (Hannover) und die russischen Romanows. Es werden hier auch die Erb- und Hausgesetze der fürstlichen Häuser, sowie die Regelung zur weiblichen Thronfolge vorgestellt und mit denen der Hohenzollern verglichen. Auch die Eheverträge zwischen den Häusern stehen im Fokus.

Doch ein dichtes verwandtschaftliches Netz, das durch Eheschließungen, also bewusst gewählte Verbindungen, immer wieder aktualisiert und dichter geknüpft wurde, vereinigte die Hohenzollern vor allem mit benachbarten protestantischen Familien aus den nördlichen Regionen des Heiligen Römischen Reiches. 
Die Heiraten der Hohenzollern, Seite 120

"Verwandtschaft und Freundschaft" heißt der nächste Teil des Buches. Der Autor schreibt hier über 6 Typen von Heiratsmotiven und berichtet über die Beziehungen der Hohenzollern zu den Oraniern, Welfen und Romanows. Ein weiterer Abschnitt behandelt gescheiterte Eheanbahnungen wie z. B. die von Prinz Wilhelm und Elisa Radziwill.

König Friedrich II. (der Große) von Preußen verstand es, die weiblichen Mitglieder seiner Familie günstig zu verheiraten: seine Schwester Luise Ulrike wurde Königin von Schweden, Prinzessin Friederike wurde mit dem Herzog von York und Albany getraut und Prinzessin Wilhelmine wurde die Gattin von Willem I. und zur ersten Königin der Niederlande. Eine der bedeutendsten Verbindungen der Hohenzollern war die Ehe von Prinzessin Charlotte mit dem späteren Zaren Nikolaus I. Die Verbindung von Friedrich (III.) von Preußen und Victoria, der ältesten Tochter von Königin Victoria, bildet den Abschluss des vierten Kapitels.

Im vorletzten Abschnitt wird die politische Inszenierung der Hochzeiten in Fürstenhäusern untersucht. Der Einzug der königlichen Braut und der Empfang  in ihrer neuen Heimat werden thematisiert. Es wurde für das Brautpaar gedichtet und die Presse schrieb Lobeshymnen oder später auch Kritik. Auch die Reaktion der Untertanen auf öffentliche Feste und die Verbundenheit zum Herrscherhaus werden beschrieben. Bei zwei Ehen der Hohenzollern spielte die Versöhnung eine entscheidende Rolle, die Verbindung des späteren Kaisers Wilhelm II. mit Auguste Viktoria und die Ehe der Kaisertochter Viktoria Luise mit Ernst August von Cumberland.

Den Abschluss des Werkes bildet "Das Europa der Dynastien". Europa wurde von den königlichen Familien mitgeformt und die Geschichte maßgeblich mitgestaltet. Wenn ein Mitglied des Hauses Hohenzollern ein Mitglied aus einem anderen Königshaus heiratete, näherten sich auch die Heimatländer der Brautleute an. Bräute der Hohenzollern, die ins Ausland geheiratet hatten, ließen den Kontakt zur alten Heimat nie abbrechen und knüpften so neue Bande in der Fremde. Warum eine zweite - von dem Romanows gewünschte - Ehe mit dem Hause Hohenzollern scheiterte, erfährt man hier ebenfalls. Die Hohenzollern waren in Europa mit allen protestantischen Fürstenfamilien verwandt, die orthodoxen Romanows wurden auch ein Teil dieses Kreises. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges blieb der Hochadel eine abgeschlossene Kaste.    



Meine Meinung:

Das Buch "Die Heiraten der Hohenzollern" ist keine leichte Kost, 
es ist sehr anspruchsvoll geschrieben.
Aber auch interessant.
Positiv fallen die im Anhang befindliche Liste der Heiraten der Hohenzollern 
von 1640 bis 1918 und die fünf Abbildungen in Text auf. 
Ich habe durch die Studie einiges über die Hohenzollern erfahren, was mir bisher unbekannt war.
Den Vergleich und die Beschreibung der verwandten Dynastien hat mir auch gefallen.
Insgesamt ist das Buch eher etwas für Leute, 
die sich von trockener Literatur nicht abschrecken lassen und die nötige Zeit mitbringen.



Erhältlich bei: Vandenhoeck & Ruprecht oder im Buchhandel



Buch-Information
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht (15. Mai 2013), Gebunden, 336 Seiten
ISBN: 978-3-525-37030-8, Sprache: Deutsch, Format: 23,8 x 16,2 x 2,8 cm
Reihe: Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Band 207 
Preis: 59,99 €

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